Über 1000 Läufer: „Wir sind Sieger!“
Wieck. Mathias Löttge, Chef des Tourismusverbandes Fischland-Darß- Zingst, blickt gut gelaunt auf die Läuferschar des 4. Darßmarathons. „Dieser Lauf ist Werbung für unsere schöne Region. Wenn es ihnen hier gefällt, erzählen sie es weiter und kommen sie wieder.“ Dann der Startschuss.Die etwa 400 Teilnehmer des Marathons in Wieck setzen sich in Richtung Prerow in Bewegung.
Unter den Läufern auch ich (d.A.). Der Darßmarathon ist mein 27. dieser Art. Vor zehn Jahren begann ich erneut mit dem Laufen, nachdem ich als Sportstudent bereits am Rennsteiglauf teilnahm. 1999 startete ich mit 6:06 über die Marathonstrecke. jetzt liegt meine Bestzeit bei 4:08 h. Heute soll sie verbessert werden.
Die Sonne scheint wie immer beim Darßmarathon. Kaum Wind auf der Strecke über den Acker nach Prerow. An der Spitze der Läufer spurtet Michael Zabel dem Sieg in Streckenrekord entgegen. Ganz hinten trabt Rudi Schmitz (80).
In der Mitte laufe ich locker Zeiten unter 5 min pro Kilometer. Die Atmung muss sich noch einpegeln.
Der Darßmarathon gehört inzwischen zu den beliebtesten Laufveranstaltungen in Deutschland. Komplettiert wird das Laufangebot durch einen Halbmarathon und den entsprechenden Walkingstrecken. Am Sonnabend laufen Kinder und Jugendliche Schnupperstrecken.
Die ersten Läufer sind im Darßwald angekommen. Ich kämpfe noch in Prerow darum, dass mir niemand ansieht, dass ich meine erste Krise habe. Die Atmung stimmt noch nicht. Die Knie sind weich.
Kurz hinter dem Spitzenreiter Michael Zabel läuft der Vorjahreszweite Marco Witzlaff. Er wird auch dieses Mal nicht gewinnen. Aber über den dritten Platz freut er sich dennoch, zumal er seine Zeit verbessern konnte. Am Weststrand haben „Spaßvögel“ die Strecke verändert, so dass die Läufer einen Umweg über Dünensand nehmen müssen.
Mir kommt die Strecke auch unbekannt vor, aber ich lass mich nicht stören. Seit dem 13. Kilometer geht es mir wieder besser und ich habe mich auf ein gutes Tempo eingepegelt.
Alle Läufer bestätigen immer wieder die gute Organisation des Laufes und die Freundlichkeit der Helfer. Auch darum ist Karin Kortus (70) von den Heidehoppers Rostock von Anfang an dabei. Am Sonntag belegte sie den 1. Platz im Halbmarathon in ihrer Altersklasse. Ihr Mann Peter Kortus gewann den Marathon in der AK70.
Von einer neuen Bestzeit bin ich inzwischen weit weg. Seit Kilometer zwanzig geht nichts mehr. Ich bin überrascht und traurig. Das ist mir im Training nie passiert. Ich schleppe mich nur noch.
Im Ziel in Wieck geht die Party richtig ab. Überglückliche Läufer und Walker überqueren die Ziellinie. Math Pijpers feuert als Sprecher alle noch einmal an. Ganze Familien laufen gemeinsam ein.
Ich quäle mich zwischen Ahrenshoop und Born auf dem Deich. Seit dem ich nicht mehr an eine mögliche Zeit denke, geht es mir besser. Wer langsam läuft, kommt auch ins Ziel. Das nächste Mal wird es besser.
Michael Zabel ist im Ziel positiv von sich überrascht, musste er doch gerade eine Erkältung auskurieren. Marathon-Organisator Christoph Lampert begrüßt bekannte Läufer persönlich im Ziel. Klatscht mit ihnen ab, jubelt und freut sich. Auch er steht immer unter Druck. Klappt alles? Die selbstklebenden Startnummern waren ein Flop. Sie lösten sich zu schnell vom Trikot. Lampert spricht dieses Problem offen an und die Sympathien sind auf seiner Seite.
Ich stehe nicht mehr unter Druck. Will nur ins Ziel. Ab Born kommen die „istnichtmehrweit“- und „baldistjageschafft“-Tröstungen. Ich schleppe mich ins Ziel, mache noch ein wenig
Spaß mit Math und falle meiner Familie in die Arme. Ich bin 4:35 h gelaufen. Indiskutabel für mich. Aber überall hört man: „Wir alle sind Sieger“ und „Gewonnen haben wir alle.“ Ich fühle mich anders. Im Moment. In Wirklichkeit weiß ich: „Wir sind alle Sieger“ – ich auch.
Nach fast sechs Stunden kommt Rudi Schmitz ins Ziel. „Die Knochen werden schwächer. Aber mir geht es gut. Nächstes Jahr bin ich wieder dabei.“
Na also!
Info, Fotos, Ergebnisse: www.darss-marathon.de