Von Büchern beseelt
Vor 30 Jahren machte sich Rosemarie Sporns mit der Bücherstube Fischland selbstständig
Wustrow. „Wer hier rausgeht und nichts gefunden hat, der ist selbst schuld“, sagt Christoph Sporns, Geschäftsführer der Bücherstube Fischland im Ostseebad Wustrow. Der 43-Jährige ist eigentlich nicht als Sprücheklopfer bekannt. Dass er dennoch so selbstbewusst seine Buchhandlung beschreibt, liegt auch an der Lebensleistung seiner Mutter Rosemarie Sporns (69), der Eignerin des Buchladens. Sie lächelt nur in sich ruhend und fügt hinzu: „Dieses Geschäft ist das Resultat 30 Jahre langer harter Arbeit.“
Es sind oft die kleinen, scheinbar verborgenen Dinge, die große Geschichten erzählen können.
Die Bücherstube liegt zwar an der Hauptstraße eines Ostseebades, allerdings nicht an der Strandpromenade Wustrows. Dennoch scheint sich der Buchladen von Mutter und Sohn Sporns als Bote aus einer längst vergangenen Zeit tapfer gegen Online-Handel, Supermärkte und die Lust auf Short-Messages zu wehren. Im Gegenteil: Vor drei Jahren ist die Wustrowerin in die zweite Reihe getreten und hat ihrem Sohn Christoph die operative Arbeit übergeben. Damit legt die ehemalige Lehrerin große Verantwortung in die nächste Generation und in die Hände ihres Sohnes. Schließlich ist die Bücherstube in der Ernst-Thälmann-Straße in Wustrow zu einer Institution geworden.
Als Rosemarie Sporns noch 1990 Verkäuferin in der HO(Handels-Organisation)-Buchhandlung in einem Haus nebenan war, konnte das niemand ahnen. „Es herrschte damals Sprachlosigkeit. Niemand wusste, was passieren wird. Da habe ich all meinen Must zusammen genommen und mich selbstständig gemacht“, erinnert sich Rosemarie Sporns. Schlaflose Nächte waren das Ergebnis. Sie habe sich schon immer für Bücher und Literatur interessiert und zunächst bestand das Sortiment aus Büchern, die der frisch gebackenen Unternehmerin selbst gut gefielen. „Ich habe mich natürlich überall umgeschaut und war auch auf Messen. So ist das Angebot immer weiter gewachsen und hat sich auch qualitativ verändert“, beschreibt sie die Entwicklung ihres Geschäftes, das im Jahr 1991 in das jetzige Haus Nummer 20 umzog, welches auch das Wohnhaus der Familie Sporns ist. Sie habe große Unterstützung auch aus den alten Bundesländern bekommen. Von Menschen, die wirklich helfen wollten. Wer jetzt die Bücherstube betritt, der kann in Regionalliteratur, Belletristik, Kinderliteratur und in naturkundliche Literatur stöbern. „Natürlich haben wir auch Beststeller“, wirft Christoph Sporns ein und fügt grinsend hinzu: „Nur weil es ein Bestseller ist, muss das Buch nicht schlecht sein.“ Strandliteratur in Form von Taschenbüchern vervollständigen das Buch-Sortiment, des Ladens, der auch Schreibwaren, Geschenke, Künstlerbedarf und Lotto anbietet. Rosemarie und Christoph Sporns sind beseelt von ihrer Arbeit. Sie sprechen viel von der Freiheit des Angebotes, aber auch von Selbstausbeutung und Verantwortung. „Wir kennen natürlich die meisten Einheimischen und auch Stammkunden, die im Sommer hier ihren Urlaub verbringen.“ Schon dafür lohnt es sich weiterzumachen, auch wenn die Wintermonate finanziell schwer zu überstehen seien. Doch, so Rosemarie Sporns, oft seien sie in der dunklen Jahreszeit der einzige Laden in der Straße, in dem Licht brennen würde. „Wir wollen für die Leute da sein“, ist das Credo der Buchhändlerin. So würden Gäste des Ortes ins Geschäft kommen und einfach mal um touristische Auskünfte bitten. Dann werden die Buchhändler zu Reiseführern.
Auch für die Einheimischen ist die Bücherstube hin und wieder eine große Hilfe. Rosemarie und Christoph Sporns geben „Kaufwarnungen“ aus. Dieses Buch habe das Geburtstagskind schon selbst gekauft oder es ist von einem anderen Geburtstagsgast bereits als Geschenk erworben worden! Deshalb verstehen sich die Buchhändler nicht nur als Verkäufer! Aus solchen Erlebnissen ziehen sie ihre Motivation. „Die Arbeit macht wirklich Spaß. Es ist schön, wenn wir auch auf Mitarbeiter verweisen können, die uns langjährig treu geblieben sind. Wir ziehen hier alle an einem Strang. Einen Weg haben wir immer gefunden. Das ist ein Glücksfall“, so Rosemarie Sporns.
Ein Glücksfall war auch die Rückkehr ihres Sohnes, der 20 Jahre in Berlin gelebt und dort eine Ausbildung als Verlagskaufmann bei einem wissenschaftlichen Verlag abgeschlossen hat. „Für den Schliff war Berlin sehr gut. Ich habe viele spannende Einblicke bekommen“, erzählt Christoph Sporns, der die Bücherwelt „als besonders schön“ beschreibt. Ein wenig Sorge hatte er allerdings schon, dass es nach seiner Rückkehr heißen würde, er habe sich ins „gemachte Nest“ gesetzt. Doch diese Annahme verflog sehr schnell. Auch nach 30 Jahren Bücherstube ist täglich harte Arbeit notwendig, um das Geschäft am Laufen zu halten. „Wir versuchen, all die Büroarbeit während der Öffnungszeit hinzubekommen. Aber dann kommen gute Bekannte ins Geschäft, die man auch persönlich begrüßen möchte“, schildert der Wustrower den Alltag. Klappt die Zusammenarbeit Mutter/Sohn? „Er arbeitet schon in meinem Sinne. Und wenn er etwas anders als ich macht: Gut, es gibt viele verschiedenen Wege“, so Mutter Sporns.
Was würden Sie denn empfehlen? Was liest ein Buchhändler selbst gern? Deutsche Nachwende-Geschichte steht bei beiden ganz oben auf der Liste. Zurzeit läuft im ZDF der Dreiteiler „Unterleuten“ von Juli Zeh. Schon die Bücher seien einfach ein Genuss für Leseratten. Unbedingt die Verfilmung ansehen! Und sonst? Fasst ein Buchhändler auch in der Freizeit ein Buch an? „Ich lese manchmal Nächte durch“, gibt Rosemarie Sporns zu. Herzblut eben!
Frank Burger